WORTE WIRKEN: Gefährliche Geborgenheit
Der Kern des Faschismus liegt dort, wo der Kitt der Gemeinschaft Andersdenkende ausschließt.
Wer das so genannte Liktorenbündel trug, hatte die Befugnis über Leben und Tod.
Dieses Bündel aus hölzernen Ruten, die um den Stiel einer Axt gebunden waren, symbolisierte im alten Rom Macht und Autorität.
Es wurde von den römischen Diktatoren, Konsuln und Prätoren getragen. Später nur noch vom Kaiser.
fasces ist lateinisch und heißt Band, Bündel.
Das Bündel will sagen: Wir sind eine Einheit.
Das Beil will sagen: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.
Doch nicht nur im alten Rom.
Auch die Französische Revolution trug das im Rutenbündel eingebundene Beil als ihr Symbol.
Es präsentierte die Einheit und Stärke der Bürger, die Freiheit und die Demokratie (Republik) zu verteidigen. Wie wir wissen, ist diese Absicht im Blut ertrunken.
Die faschistische Bewegung Mussolinis griff das antike Symbol der alten Römer im 20. Jahrhundert auf.
Das italienische Wort Fascismo, (fasces, bündeln) mit latinisierter Endung wurde Anfang der 20er Jahre in die deutsche Sprache übernommen: Faschismus.
Was hat nun das uralte Zeichen der Macht mit dem modernen Begriff des Faschismus zu tun?
Wir bündeln uns um eine scheinbar gute Sache herum und alle, die nicht mitmachen wollen, sind draußen.
Mit Elementen des Faschismus haben wir es also zu tun wenn sich eine Gruppe der Gesellschaft um ein Argument herum verbindet und diejenigen ausschließt, die sich nicht einbinden lassen wollen.
Faschismus beginnt mit dem Prozess eines moralischen Empörungsmanagements.
Im Wunsch nach Sozialsein und Gutsein schläft schon der Faschismus.
So kann der folgende Satz verstanden werden:
Wir können uns in schlechter Gesellschaft befinden, aber nicht in schlechter Gemeinschaft.
Warum?
Weil eine Gemeinschaft die vermeintlich Schlechten schon aussortiert hat.
In einer freien Gesellschaft lebt man zwangsweise auch in Gesellschaft derer, die man nicht mag.
Sonst wäre sie nicht frei.
Faschismus ist nicht a priori rechts.
Wir sahen diese Aufmärsche der Empörung auch bei linken Regimen: in der maoistischen Kulturrevolution, in der Sowjetunion, bei Pol Pot in Kambodscha, auch in der DDR.
Jeder gruppenspezifische Ausschluss ist ein faschistisches Element.
Dort, wo Inhaber der Macht beginnen, Menschen um eine angeblich gute Sache herum zu bündeln und diejenigen diffamieren, die anders denken, findet der Übergang von einer offenen zu einer geschlossenen Gesellschaft statt.
Weniger das Bündeln ist das Problem, sondern der Ausschluss:
„Der Kampf gegen …“
Ich wünsche ein schönes Wochenende und grüße aus dem heißen Argentinien.
Herzlich Ihre Lea Söhner
PS: Wikipedia:
Die Anti-Rechts-Bewegung war eine landesweite „Säuberung“ der sogenannten „Rechten“, die Mao Zedong ab 1957 in der Volksrepublik China ins Leben gerufen hatte. Dabei wurden zwischen einer und zwei Millionen Menschen willkürlich als „rechts“ eingestuft und in zwei Schüben in Erziehungshaft gesteckt oder hingerichtet.
Liebe Lea, das hast du so toll beschrieben und die derzeitigen Verhältnisse auf diesem Planeten auf den Punkt gebracht:
Weniger das Bündeln ist das Problem, sondern der Ausschluss:
„Der Kampf gegen …“….
Schon seit Menschengedenken geht es darum….. der Kampf dagegen….. gegen was auch immer …. am Ende aber GEGEN UNS SELBST….
Danke, liebe Claudia
Das ist wunderbar zusammengefasst. „Kampf gegen …“ ist Ausgrenzung, ist Spaltung. Wenn Kräfte gegen etwas gebündelt werden, sollte man sich auch immer fragen, wer die Fäden in den Händen hält.
ja, langsam wird es mir recht ungemütlich, muss ich sagen. Danke für den Kommentar
Liebe Lea,
du bist fast am anderen Ende der Welt und spürst genau, was hier abgeht.
Diese regierungsgeförderten Demos gegen rechts, also gegen die Opposition,
mit minutiös geplanten Empörungs-Vorgeschichten sind spuky und so viele Menschen
lassen sich anlügen und einlullen und
für diese Hetze und Ausgrenzung missbrauchen.
Die Demonstranten tun genau das selbst, was sie der Opposition vorwerfen:
Hetzen und ausgrenzen.
Das harmloseste war noch „München ist bunt“ und da gehört also
auch blau dazu, das gehört zu einer Demokratie dazu, mit anderen Meinungen,
auch wenn ich sie nicht teile, in Diskurs zu gehen und im Diskurs zu bleiben.
Solche Regierungspropaganda kannten wir in diesem Ausmaß bisher nur aus totalitären Systemen
und haben immer mit dem Finger auf diese Staaten gezeigt.
Jetzt sind wir aber so weit, dass wir die drei Finger, die da immer zurück zu uns zeigen
grell aufblinken sehen, aber nicht alle sehen sie.
Maria