WORTE WIRKEN: Du sollst nicht töten

töten

Du sollst nicht töten?

Wer im Tessin lebt, sollte keine Spinnenphobie haben.

Von all den Spinnen, die sich in meinem Häuschen eingerichtet haben, kenne ich nur eine mit Namen.

Es ist Frau Hoffmann, sie wohnt an meinem Küchenfenster und sie geht mir ein wenig zur Hand im Kampf gegen die Mücken, Schnaken und Obstfliegen.

Meist schaue ich verschämt weg bei ihrem grausigen Tun, aus Ekel und auch ein wenig aus Mitleid mit der zappelnden Fliege, die da gerade eingewickelt wird.

Bei diesen Gedankengängen kommt mir das sechste Gebot in den Sinn.

Du sollst nicht töten.

Die zehn Gebote habe ich noch nie verstanden. Kein einziges. Aber das seltsamste aller Gebote ist dieses „Du sollst nicht töten“.

Biblisch gesehen müssen wir annehmen, dass Gott die Welt erschaffen hat.

Mit einem bestimmten Blick können wir die innere Dynamik dieser Welt als Fressen-und-Gefressen-Werden sehen.

Gleichzeitig hat ebendieser Gott dem Moses die zehn Gebote gegeben.

Seither sind sie gemeinsames Grundgesetz aller drei mosaischen Religionen: Judentum, Christentum und Islam.

Wir müssen töten, jedes einzelne Lebewesen muss töten, um leben zu können. Wir müssen essen. Auch Tiere und Pflanzen sind Lebewesen.

Die Exegese sagt dann, dass wir Tiere und Pflanzen töten dürfen. Menschen nicht.  Manchmal sagt man auch, im Krieg ja, im Krieg darf man auch Menschen töten.

Gesetze, die nicht eingehalten werden können, brauchen Ausnahmen und so viele Einschränkungen, dass sie ausgehebelt werden.

Kein Gesetz ist so schamlos ausgehebelt worden wie dieses.

Dass es nicht einmal bis zum gleichen Abend gehalten hat, zeigt die Geschichte:

Moses, nachdem er die zehn Gebote erhalten hatte, ist vom Berg Sinai herabgestiegen.

Dann sah er, dass die Menschen um das Goldene Kalb tanzten.

Die zehn Gebote noch im Ohr, ließ er am selben Tag dreitausend Menschen abschlachten.

Vorher zertrümmerte er noch die Steintafeln mit den Zehn Geboten.

Auch zeigt die Menschheitsgeschichte, dass die Welt seit dem Erscheinen der drei mosaischen Religionen und ihrer

Zehn Gebote nicht besser geworden ist. Das Christliche Abendland ist nicht eben für seine Friedensliebe bekannt.

Diese Fragen habe ich für mich noch nicht beantwortet:

– Brauchen wir dieses Gebot?

– Und wenn ja, wozu?

In einem meiner nächsten Rundbriefe werde ich das Thema noch einmal aufgreifen

Möchten Sie mir ein paar Gedanken dazu schreiben? Unten auf den Kommentar-Button klicken!

Ich wünsche Ihnen ein gutes Wochenende

Ihre Lea Söhner

PS: Eine halbe Million Männer, Frauen und Kinder sind im Ukrainekrieg schon gestorben. Vom Wertewesten (Christliches Abendland) wird gerade die völkerrechtswidrige und geächtete Streumunition geliefert.

Bildnachweis:

Goldenes Kalb Beitragsbild:
Miniaturmalung Gabriele Engelmann, Foto Dieter Beller (interessante Website) 

Moses mit den 10 Geboten

Spinne Pixabay

Die Schlacht

7 Kommentare

  1. Inari 29. Juli 2023 at 16:19 - Antwort

    Das ist eine gute Frage, ob wir die 10 Gebote brauchen.
    Ich meine, sie dürften upgedatet werden.
    Übrigens, ich habe gelernt, dass das 5 Gebot „Du sollst nicht töten“ heißt.
    Herzlich Inari Hanel

    • Lea Söhner 29. Juli 2023 at 17:38 - Antwort

      Oh stimmt!! Da ist es mit meiner Bibelfestigkeit nicht weit her: es ist das fünfte Gebot. Danke Inari

  2. Elsi Reimann 31. Juli 2023 at 10:46 - Antwort

    Liebe Inari, Vielen Dank für Deine Rückmeldung! In meinem Buch: Klartext und in meiner Webseite: http://www.wachsende-kreise.ch beschreibe ich ja, dass die Religionen bereits von Anfang an, von den dunklen Kräften unterwandert wurden. – (Wie alles, was gut und sinnvoll ist…) Es geht darum, sich dessen bewusst zu werden, und sich entsprechend nicht darauf einzulassen. Und die Dinge die wir erkennen auch zu benennen. Aus diesen Erkenntnissen heraus, habe ich in meinem Buch: „Klartext“ die 10 Gebote umgeschrieben: Zum Beispiel, an Stelle von: Du sollst nicht töten: „Respektiere das Leben und alles was ist.“ Lass diese beiden Sätze einfach auf Dich wirken und dann weisst Du was ich meine…
    Wenn Du mehr darüber wissen möchtest, kannst Du das Buch bei mir bestellen. – Ich freue mich auf einen Kontakt mit Dir – fühle mich „irgendwie verbunden“ Ganz herzliche Grüsse
    Elsi

    • Lea Söhner 31. Juli 2023 at 16:01 - Antwort

      Liebe Elsi, danke für deinen Kommentar! Allerdings bin ich nicht Inari, sondern Lea. Macht nichts.

  3. J. S. 4. August 2023 at 10:18 - Antwort

    mir ging es lange Zeit wie Dir – ich hab einen großen Bogen um die Gebote gemacht. Emotional keinen Zugang zu ihnen gefunden. Irgendetwas vorgeschrieben zu bekommen hat Widerstand in mir ausgelöst.

    Nur irgendwann hab ich entdeckt, dass das eben mein Zugang zu den Geboten war, es aber ganz andere gibt.

    In meiner – unserer – Tradition sind die Gebote immer „Du sollst – Du musst“ Gebote gewesen. Ich hab lang gebraucht, sie ein wenig als Gebote der Freiheit zu sehen.

    Bis heute gibt es eine gewisse emotionale Distanz dazu.

    Aber ich versuch es trotzdem mal theologisch:

    ob es eine bessere Alternative gibt zu diesem Gebot, hast Du gefragt – Jesus fasst es zusammen in der Nächsten – Selbst – und Gottesliebe…..

    Interessant bei den Geboten ist ja tatsächlich, dass es nicht ohne Ausnahmen geht. Z.B. kein falsch Zeugnis reden – also nicht lügen: Wenn ich aber in der Notsituation jemanden bei mir versteckt habe, muss ich Lügen, um ihn oder sie zu schützen.

    (als ich das bei einem Vortrag gesagt habe, hat sich ein Mann sehr aufgeregt, er hatte das Gebot als Prinzip verstanden und darauf beharrt, dass er die Wahrheit sagen müsse, auch wenn zB die Gestapo vor der Tür stünde und fragen würde, ob er Juden versteckt hätte – an diesem Beispiel wird deutlich, wie unmöglich ein Gebot wird, wenn es nur als Prinzip gesehen wird und nicht das Korrektiv „Liebe“ jedes Gebot relativieren kann)

    Jesus geht den Weg zu sagen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen – das eröffnet für mich ein Zugang zu allen Geboten.

    Das Gebot gilt demnach nicht als Prinzip, doch ist es wichtig, um dem Menschen grundsätzliche Orientierung zu geben.

    So kann ich auch gut mit dem 5. Gebot – Du sollst nicht töten – leben. In der ganzen Ambivalenz, die Du beschrieben hast.

    Was wäre die Alternative?

    Soll ich das gute und Lebensfördernde abschaffen, nur, weil ich es nicht konsequent schaffe.

    Beim Streben nach Liebe ist es doch ähnlich: Ohne die Liebe wäre die Welt kalt, doch wie oft wird sie enttäuscht, zur Unkenntlichkeit zerstört, schlägt in Hass um ….

    Sollen wir deshalb die Liebe als erstrebenswert aufgeben?

    Die „Aushändigung“ der Gebote im AT, steht an der Schwelle zwischen Sklaverei und der Freiheit im verheißenen Land.

    Im Grundsatz sind die Gebote Gebote der Freiheit, um diese zu leben und zu bewahren…aber eben nicht als Prinzip, sondern für den Menschen.

    Ich bin gespannt auf Deinen zweiten Brief zum Thema!

    Alles Gute Dir, auch wenn der Sommer ein wenig verregnet ist!

    Viele Grüße
    JS

  4. Katharina 4. August 2023 at 10:20 - Antwort

    Liebe Lea,
    Ich danke dir für diesen wertvollen Artikel zur Frage zum töten.
    Es scheint mir so, dass der Mensch diese Gesetze nur zum eigenen Gutdünken macht. Immer dann, wenn es den Menschen in den Kram passt wird das Gesetz zum eigenen Nutzen abgeändert, so auch dieser Satz: du sollst nicht töten.
    Es ist wie bei den Spielregeln mit meinen Schulkindern, wenn einer meiner Schüler gemerkt hat, dass er am verlieren ist, dann hat er schnell eine neue Regel aufgestellt , zu seinen Gunsten.
    Bei Kindern ist das lustig, bei Erwachsenen nicht.
    Konsequent etwas durchführen, braucht Mut und die Kraft, sich gegen die Allgemeinheit zu behaupten. Das ist schwer und leicht zugleich .
    Töten ist ein Akt der Hilflosigkeit und vielleicht auch des Überlebens?
    Mit vielen lieben Grüßen
    Katharina Jakob

  5. R.G. 4. August 2023 at 10:22 - Antwort

    Liebe Frau Söhner,

    mir geht es wie Ihnen, die 10 Gebote sind auch mir fremd und niemand braucht sie. Das Christentum zeichnet sich, wie alle anderen Weltreligionen auch, nicht gerade damit aus, dass es sich daran hält.

    Aus meiner Sicht braucht niemand religiöse Gebote, sie werden nicht eingehalten, keines! Schließlich sind wir Menschen und diese haben nun mal Fehler. Da kann sich schon mal Skepsis an der göttlichen Schöpfung auftun.

    Ein ethischer Leitfaden, Aufklärung von Kindesbeinen an und die Vermittlung des Wissens, dass alles miteinander zusammenhängt und aufeinander angewiesen ist.
    Respekt vor ALLEN Lebewesen, auch vor Pflanzen und Tieren. Daraus resultierend ein verantwortungsvoller Umgang miteinander, Zuwendung und Rücksichtnahme. Das könnte schon ein Stück weiterführen.

    ABER, da ist ja noch die Gier, der wir Menschen immer wieder erliegen, mehr haben zu wollen als der Nächste etc. Und die Macht. Erschwerend ist auch die Tatsache, dass kaum einer (inklusive Moses) sich nicht in die Lage anderer Menschen versetzt, die er gerade tötet.
    Es scheint für Tötende auch nicht möglich zu sein sich vorstellen zu können, wenn andere SEINE geliebten Menschen einfach töten.

    Aber, die Hoffnung stirbt zuletzt – und das ist gut so.

    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen noch einen schönen Sonntag.

    Herzliche Grüße

    R.G.

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