Nicht alle Musiker glauben an Gott …

Bach

… aber alle glauben an Johann Sebastian Bach.

Mozart hat ihn bewundert und Franz Liszt hat eine Präludie und Fuge über den Namen B-A-C-H komponiert. Dies in einer Zeit, in der Bach gerade erst dabei war, neu entdeckt zu werden.

Im katholischen Österreich-Ungarn oder im ebenso katholischen Frankreich, war es nicht gerade en vogue, sich mit dem Protestanten Bach auseinander zu setzen.

Luigi Cherubini, immerhin einflussreicher Direktor des Pariser Konservatoriums, hatte sogar seinen Schülern verboten, die Oratorien Bach’s zu studieren, weil daraus nur der „verwegene Unsinn der Lutherischen Reformation“ spreche.

Liszt, selbst aus dem katholischen Ungarn stammend, interessierten solcherlei Moden und Reglements nicht. Als er einmal in streng katholischen Gesellschaftskreisen über den Thomas-Kantor Bach philosophierte, wies ihn die Herzogin Aremberg mit den Worten zurecht:

„Zweihundert Jahre früher – und man hätte Sie verbrannt.“

Liszt Antwort kam prompt: „Zweihundert Jahre später – und man wird die verbrennen, die sich gegen Bach wenden.“

Warum wurde Bach zu seiner Zeit nicht anerkannt?

Als Bach 1723 sein Amt als Kantor an der Thomaskirche zu Leipzig antrat, um dort 27 Jahre lang zu wirken, war er sich vermutlich selbst nicht bewusst, dass er einmal als Gipfel aller abendländischen Musik in die Geschichte eingehen würde.

Und ganz gewiss hatten die Leipziger das nicht gedacht, denn von nun an bekamen sie in ihren Gottesdiensten regelrechte musikalische Predigten zu hören. Diese waren kunstvoll gearbeitet und tief beseelt.

Für die nüchternen Protestanten klangen sie unangemessen und viel zu dramatisch. Mancher ehrwürdige Bürger, aber auch Prediger auf den Kanzeln hatten für Bachs überirdisches Werk oft nur Stirnrunzeln übrig.

Umgekehrt dämmerte in der Zeit Bachs die Aufklärung bereits herein und seine fast pietistischen Texte und die geistlich-geistige innerliche Musik passte bald nicht mehr in die Zeit.

Glenn Gould behauptete, dass Bach von seinen Zeitgenossen nicht deshalb missverstanden wurde, weil er seiner Zeit voraus war, sondern weil er mit seiner frommen Musik zu rückständig empfunden wurde.

Gut möglich, dass beides der Fall ist: für die frommen Kleinbürger war seine Musik zu komplex, zu opernhaft, für den Zeitgeist, der gerade aufkam, war sie zu tiefgründig, zu religiös.

Im dritten Jahr an der Thomaskirche brach Bach die wöchentlichen (!) Neuproduktionen von Kantaten ab.

Sein Feuereifer für das musikalisierte Evangelium erlosch an der Dumpfheit der bürgerlichen Kirchgänger.

Wieviel Bach, etwa an den Sterbebetten seiner Kinder, trotzdem weiter komponiert hat, wissen wir nicht. Seine Musik muss weiter in ihn eingeströmt sein, denn es ist schwer vorstellbar, dass ein Genie seiner Größe den Fluss der Schöpfung modulieren kann.

Wie groß Bachs Werk bei seinem Tod war, lässt sich nicht sagen. Manche behaupten, dass nur etwa ein Drittel seiner Schöpfung überliefert ist. (siehe auch Maarten t’Haart)

Trotz erkennbarer Verluste konnte doch ein sehr umfangreicher Schatz gehoben und geordnet werden. Der Musikwissenschaftler Wolfgang Schmieder hat das Bachwerkeverzeichnis (BWV) 1950 geordnet.

Wiederentdeckung Bachs

Es ist Mendelsohn-Bartholdy zu verdanken, dass Bach wieder aus der Versenkung hervor kam. Nach der Wiederaufführung der Matthäuspassion durch den gerade zwanzigjährigen Felix Mendelssohn im Jahr 1829 wurden auch die Bachkantaten neu entdeckt.

Es war die Zeit zwischen politischer Restauration, Biedermeier und Vormärz (1815-1848), die insgesamt eine Rückbesinnung auf die Vergangenheit mit sich brachte.

Zu dieser Zeit wurden auch Bachs Kantaten wiederentdeckt und er wurde zu den großen historischen Figuren gezählt.

Jetzt, wo die Passionszeit wieder anfängt, höre ich Bachkantaten und die Oratorien: Johannespassion und Matthäuspassion.

Jetzt, wo die Zeiten wieder einmal verrückt werden, wo die Gemächlichkeit zu Ende geht, wo eine maoistisch anmutende Kulturrevolution Wurzeln ausreißt, wo die Politik Wasser predigt und Wein säuft, wo sich Pest und Cholera die Hand geben, um alte Normalitäten einzudampfen und neue zu proklamieren – jetzt ist es an der Zeit, Bach zu hören.

Zum Beispiel die Matthäuspassion, von der hier eine Kostprobe zu hören ist:

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