WORTE WIRKEN: links rechts

Schreiben, männlich weiblich

Schreiben habe ich von meiner großen Schwester gelernt.

Das machte ich mit links.

Dann kam die Schule!

Zu meiner größten Verwirrung musste ich nun mit der rechten Hand schreiben. Damit ich es nicht verwechselte, bekam ich einen Ring geschenkt. Der war innen offen und konnte mit meinen kleinen Fingern mitwachsen.

Bis heute fasse ich in Gedanken an meinen rechten Ringfinger, wenn ich nicht mehr weiß, was rechts oder links ist. (Und das passiert zurzeit oft)

Ich bin eine geborene Linkshänderin

Wie damals noch üblich, wurde ich umgedreht. Warum eigentlich?

Verkürzt gesagt, soll die rechte Gehirnhälfte eher für logisches Denken und die linke eher für intuitive, kreative und imaginäre Fähigkeiten zuständig sein.

Allerdings gibt es schon seit Jahrhunderten eine Übereinstimmung darüber, dass die rechte Seite das „Männliche“, die linke Seite das „Weibliche“ repräsentiere.

Diese seltsame Zuordnung ist bereits in den Mythen vieler Kulturen angelegt. Unter anderem sagte man im alten Ägypten, die linke Hand repräsentiere die Göttin Maat, die rechte ihren Gatten Thor.

Auch etwa der Psychotherapeut C.G.Jung ordnet die linke Gehirnhälfte dem Weiblichen und rechte dem Männlichen zu.

Damit könnte ich vielleicht noch leben.

Mit der massiven Abwertung der linken – angeblich weiblichen – Körperhälfte, die später hineingekommen ist, kann ich allerdings nicht leben.

Noch bis in meine Generation erhielt die männliche, also rechte Seite des Körpers deutlichen Vorzug.

Mit Rechts verbanden wir zudem Rechtschaffenheit, Richtigkeit, Intelligenz. Das war offenbar männlich.

Mit Links hingegen verband man Attribute wie linkisch, emotional, schwach. Also weiblich?

Dürfen wir dieses Phänomen als Kampf der Geschlechter anschauen?

Ja, unbedingt!

Was hilft?

Es gibt ein uraltes tantrisches Zeichen, das sich bis in die heutige Zeit als Gruß in ganz Asien gehalten hat:

Das Gegeneinanderlegen der Handinnenflächen mit nach oben gerichteten Fingern.

Dies ist ein Zeichen der Einheit und Gleichheit von Frau und Mann – von linker und rechter Hand, von linker und rechter Körperhälfte.

Es ist eine Geste des Begrüßens und Segnens und – im tantrischen Sinn – ein Zeichen von Verschmelzung der Körper von Frau und Mann.

Spätere Aufteilungen in rechts- und linkshändigem Tantra sind bereits Spaltungserscheinungen einer patriarchalen Welt.

Auch welcher politischen oder geschlechtlichen Seite auch immer Sie sich verorten – ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihre Lea Söhner

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