WORTE WIRKEN: Toll, oder?

Toll, oder?
Die irre spannende Geschichte eines Wortes
„Das ist eine tolle Geschichte“, schrieb eine Leserin. Ganz unbescheiden gebe ich das Lob hier weiter.
Gemeint war die Erzählung unten: „Durch die Risse dringt das Licht“
Doch ist das Wort toll tatsächlich ein Kompliment?
Die Bedeutung in seinem germanischen Ursprung ist verrückt, umnebelt, nicht bei Sinnen oder unsinnig und töricht – und Schlimmeres.
Das englische Pendant ist dull, das heißt: Dumm und schwerfällig.
Im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm heißt es:
„Des Verstands und Bewusstseins beraubt und derer sich gebärdend.“
Es gibt auch das Wort: Tollhaus, was ein Irrenhaus war.
Anfang des sechszehnten Jahrhunderts taucht das Verb „tollen“ auf: ausgelassen herumspringen, fröhlich umherhüpfen.
Trotzdem bleibt die althochdeutsche Bedeutung von Torheit: Tolaheit
Wir haben hier also ein irre spannendes Wort, das etwas Großartiges und das geistig Umnachtete in einem Spektrum denken kann.
Ein weiteres Beispiel für (vermutlich) natürliche Sprachveränderung:
„Komisch“, konnte meine Schwiegermutter noch sagen und meinte damit witzig.
Es gibt noch den Komiker, der ja von Berufswegen witzig sein sollte.
Doch wir meinen heute bei komisch fast ausschließlich seltsam.
Wieso eigentlich? Mir kommt es komisch vor, wie schnell sich die Bedeutung geändert hat.
Neben den natürlichen gibt es auch unnatürliche Sprachveränderungen.
In Kriegszeiten konnte man diesbezüglich schon immer aus dem Vollen schöpfen. So auch dieser Tage:
Eines davon nenne ich: Gerechter Frieden.
Im Klartext: der Krieg muss weitergehen, denn wer definiert Gerechtigkeit?
Gerechter Frieden ist nichts anderes als Gerechter Krieg.
Sprache wirkt.
Lassen wir uns nichts einreden.
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende
PS: Übrigens hat es die oben genannte „tolle“ Erzählung in den Kulturteil des Manova Magazins geschafft:
Lesen Sie hier: