WORTE WIRKEN: Quo vadis, deutsche Sprache?
Sprachwandel ohne Regeln – Fluch oder Segen für die deutsche Sprache?
Muss die deutsche Sprache geschützt werden wie die französische?
Die Franzosen besitzen keinen Computer. Sie haben einen Rechner – ordinateur.
Nicht einmal ein Handy haben sie, sondern ein tragbares Telefon, verkürzt auf tragbar: portable
Sie schicken auch keine links, sondern Verbindungen – liens.
Anstatt screenshot, machen sie einen Bildschirmfang – capture d’écran
Frankreich hat das Institute Française. Das ist eine Behörde, die über die Sprache wacht.
Die königliche Akademie schlägt bei eindringenden Lehnwörtern verschiedene Varianten in französischer Sprache vor. Dann beobachtet sie, was sich im Sprachgebrauch durchsetzt.
Dabei ist sie nicht nur regulierend und restriktiv.
Es geht es dem Institut Français auch darum, die französische Sprache lebendig zu halten und behutsam weiterzuentwickeln.
Der Gedanke dahinter ist:
Sprache muss geschützt werden, denn sie ist das wichtigste Kulturgut und bestimmt das Wesen und die Mentalität eines Volkes.
Für die deutsche Sprache gibt es eine solche Einrichtung nicht. Wir haben eine andere linguistische Politik.
Der Gedanke dahinter ist:
Sprache ist ein lebendiger Organismus und verändert sich ständig. An der Sprachentwicklung können Historiker politische Einflüsse sehen.
Ein weiterer Gedanke dieser offenen Tradition:
Sprache darf nicht von einer übergeordneten Behörde gestaltet werden, sondern muss sich organisch entwickeln.
Es ist eine positive Besonderheit des Deutschen, dass wir uns keine Normen von oben verordnen lassen. Dies macht eine historische Kontinuität möglich und eben auch eine größere Offenheit für den Sprachwandel.
Insofern könnten wir die deutsche Sprache mit einigen Abstrichen als basisdemokratisch und gewachsen bezeichnen.
Mit dieser Tradition hat allerdings die Rechtschreibreform 1996 gebrochen.
Früher wurde die amtliche Rechtschreibung anhand der gängigen Praxis lediglich harmonisiert.
Mit der Rechtschreibreform wurde durch Politiker und Linguisten mutwillig eingegriffen. Dies führte zu Debatten und Auseinandersetzungen, sodass es 2006 zu einer zweiten Rechtschreibreform kam, die als Kompromiss gilt.
Ebenso ist auch das Gendern ein vorsätzlicher Eingriff in die Sprache. Es wird von Vertretern aus Politik, Verwaltung, Hochschulen und Medien vorangetrieben.
Ich will die Offenheit der deutschen Sprachtradition nicht idealisieren.
Zu allen Zeiten wurde versucht, die Menschen mit Sprechregeln und Sprechverboten zu erziehen. Die massive Flutung der Anglizismen seit 1945 halte ich zudem für problematisch.
Was ist Ihre Meinung:
Brauchen wir ein Institut nach französischem Vorbild, das unsere Sprache vor dem Verfall schützt?
Auch auf die Gefahr hin, dass diese Behörde dann politisch opportun besetzt wird und uns erziehen will?
Wieviel Freiheit braucht die Sprache?
Wohin führt das massive Panschen der deutschen Sprache mit Fremdwörtern?
Ich bin gespannt auf Ihre Kommentare
Und wünsche Ihnen ein schönes Wochenende
Ihre Lea Söhner
Ja, wir sollten uns mehr um unsere Sprache bemühen.
Allerdings – die Regierungen sind dafür total ungeeignet.
lg aus Wien
Liebe Lea,
ich wünschte mir ein wenig vergleichbar mit Frankreich ein Philosophengremium, dessen oberste Maxime es aber ist, dass Sprachänderungen immer zu mehr Wahrhaftigkeit, Güte, Liebe führen sollen, trotz der Befürchtung, dass auch dieses unterwandert, absichtlich fehlbesetzt, missbraucht und an den Rand gedrängt werden kann siehe Ethikrat.
Liebe Lea,
eine Instanz, die unsere deutsche Sprache bewahrt und fördert, fände ich sehr sinnvoll und schützend für das Kulturgut Sprache.
Die Sprache besteht ja nicht nur aus geschrieben, gesprochenen und aneinandergereihten Worten, sondern ist vielfältiger Ausdruck von Situationen, Empfindungen, gesellschaftlichen und politischen Stimmungen und Entwicklungen, sie ist ein ziemlich gewaltiges Instrument, was oft missbraucht wird!
Sprache kann eingesetzt werden als versöhnendes und vermittelndes Element, sie kann aber auch eine zerstörerische Waffe sein.
Grundsätzlich finde ich, dass Sprache geschützt werden sollte – überall auf der Welt – Dialekte sollten bewahrt werden, das erhöht die Vielfalt.
Natürlich ist es in vielen Bereichen sinnvoll, dass englisch als Weltsprache existiert, aber wir können trotzdem die jeweils eigene Sprache schützen, denn sonst ist es mit der so oft betonten Individualität nicht so weit her.
Liebe Grüße R.G.