WORTE WIRKEN: Der Nebel vor unserem Ich

Das Konzept vom Ego

Wie das Konzept vom Ego unsere Individualität angreift

„Du bist ein Egoist!“

Wer gerne seiner eigenen Wahrheit folgt, musste sich in letzter Zeit dieses Wort schon öfter anhören. 

Heute geht es um das kleine Wörtchen EGO, das uns allen lieb und teuer geworden ist. EGO bedeutet nichts anderes als ICH auf Griechisch.

Was ist das ICH?

Ist es nicht der Platz, an dem alles zusammenkommt? Der Ort, an dem das Beobachtende sich befindet, wo die Seele selbst ist?

Ist das ICH nicht der zentrale Punkt, wo die Stimme der Ethik empfangen wird? Und sind es nicht Konzepte, Gedanken und Worte, die diese Sendungen stören?

Dieses sich selbst bewusste ICH ist einfach. Es ist ungeteilt und es ist das einzig Statische, Stille und Ruhende, das jemals existiert hat.

Das Konzept vom Ego

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Alles schwingt um diesen ruhenden, beobachtenden Punkt namens ICH herum: Gedanken, Ideen, Konzepte, Wahrnehmungen – die gesamte äußere Welt.

Individuell heißt unteilbar.

Dieses ICH ist einzigartig, so wie alles in diesem Universum. Wenn es unteilbar ist, kann niemand darüber herrschen.

Die Geburt des Egoisten

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden Siegmund Freuds Gedanken immer populärer. In seinem Modell der Psyche hat das ICH noch ein Über-ich sowie ein triebhaftes Unterbewusstsein.

Bald kam das geheimnisvolle Wort EGO auf. Das bedeutet nichts anderes als ICH auf Griechisch. Es wurde schnell zu einem Modewort.

Der „charakterlose Mensch“ verschwand, und der „Egoist“ wurde geboren.

Die mit dem Charakter verbundene höchsteigene Ethik wurde verschleiert. Jeder hat nun ein Ego.

Man besitzt nun also mindestens zwei ICHs. Ein gutes und ein schädliches. Das eine muss bekämpft werden, das andere gesucht. Der Weg in die Schizophrenie ist geebnet.

Damit wurde der Feldzug gegen das unteilbare, individuelle ICH eröffnet: die letzte nicht beherrschbare Bastion des Menschen.

Was den Kirchen das Konzept der Sünde war, ist der heutigen Esoterik das Ego.

Mit dem Konzept des Ego wird dem Menschen eingeredet, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung sei.

Das Ego wird bekämpft, das Selbstbewusstsein sinkt dadurch, das höhere Selbst ist unerreichbar, das Unterbewusstsein ist triebhaft, Karma wird zu einem chaotischen Negativposten in einer Bilanz, das Manifestieren funktioniert nicht, weil man falsch denkt, und der Aufstieg lässt seit Jahrzehnten auf sich warten.

Der Mensch ist entweder ein triebhaftes Tier oder ein Geistwesen mit einem Bewusstsein, einem Ego, einem höheren Selbst einer Seele, einem Unterbewusstsein, einem Überich und was noch alles.

Das Individuum, das Unteilbare wurde in viele Fragmente zersplittert.

Das Ego als Kampfbegriff

Das Wörtchen Ego ist ein Kampfbegriff, den niemand wirklich definieren kann

Ego ist das Böse, wo niemand weiß, wo es anfängt oder aufhört.

Damit können alle Aspekte des Selbstverständnisses eines Menschen angegriffen werden.

Verbunden mit der heute tief verwurzelten Idee des Relativismus liegt die Bewertung des Egos eines anderen alleine beim Standpunkt des Betrachters.

Konflikte auszutragen, indem man das Selbstverständnis eines Menschen angreift, war noch nie eine gute Idee. Aber genau das sind wir gezwungen zu tun, wenn wir ein Konzept von bösem oder gutem Ego glauben.

Wer mit dem Finger auf einen Egoisten zeigen kann, der macht sich keinen Gedanken über Ethik, sondern hat das ICH eines anderen zum Feindbild erklärt.

Mit dem Vorwurf des Egoismus kann man kann gute Menschen dazu bringen, Böses zu tun.

Man kann damit Menschen dazu bringen, Dinge mit sich machen zu lassen, was ihnen selbst schadet. Wir haben das in neuester Geschichte gesehen.

Das Wort vom Ego ist die Waffe mit dem das Individuum anderen als den eigenen Regeln unterstellt werden kann. Es dient dazu, den ureigenen Ethos, den Charakter eines Menschen zu untergraben und zu verschleiern.

Es ist aber das ICH, welches einem sagt, wo das eigene Glück zu finden ist und es ist die eigene Ethik, die einem sagt, was richtig ist, um körperlich und geistig gesund zu bleiben.

Wir sind alle Wesen, die sich erfahren möchten und dazu braucht man naturbedingt ein ungeteiltes ICH.

Das Konzept des Ego ist die Waffe, vom ICH abzulenken.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende

Ihre Lea Söhner

PS: Ach ja: lesen Sie doch mal wieder ein gutes Buch:

Das Konzept vom Ego

4 Kommentare

  1. Löffel Fritz 25. November 2023 at 10:57 - Antwort

    Kompliment! Einmal mehr treffen Sie mit Ihrer Analyse den Nagel auf den Kopf.

  2. Claudia Bitter 25. November 2023 at 15:36 - Antwort

    Das hast du so toll beschrieben. Diesen ewigen „Terz“ um dieses Ego…. mir fällt immer wieder von George Orwell das Buch 1984 ein mit dem Wort „Neusprech“….. es läuft so vieles darauf hinaus…..

  3. Angelika Beste 26. November 2023 at 9:26 - Antwort

    Mit immer steigender Spannung habe ich bis zum Ende gelesen. Es passt für mich zu dem Buch, was ich gestern angefangen habe, zu lesen. Mutanfall, von Lisa Marti

  4. Martina Schnurr 26. November 2023 at 20:11 - Antwort

    oh, wie ich diese tiefgründige, immer inspirierende Herangehensweise liebe und schätze!! Jedesmal beglückt es mich von Neuem und bereichert mein Denken, Fühlen und Handeln!

    Ganz vielen Dank

    Martina Schnurr

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