WORTE WIRKEN: Gespenster, Geister, Fabelwesen
Interview mit der Fantasy-Autorin Mairi Carlsson weiter unten
Unter meinem Bett lauerten böse Geister. Es waren kleine Kobolde mit langen Armen wie Affen, die in der Dunkelheit nach meinen Fußknöcheln griffen.
Da ich keine Nachttischlampe besaß, musste ich jeden Abend im Hechtsprung vom Lichtschalter ins Bett springen, um nicht von ihnen begrapscht zu werden.
Einmal ist das Bett zusammengekracht und mein Opa musste es am nächsten Tag wieder aufbauen.
„Des moinsch du bloß“, sagte er, als ich ihm von meinen Nöten erzählte.
Mit seiner Antwort zog er eine klare Grenze zwischen dem, was man hört, sieht, riecht und dem, was man „bloß meint.“
Doch in Wirklichkeit gibt es sie nicht, diese Grenze zwischen Fantasie und Realität.
Fantasie ist ein Alltagsbegleiter und ein wesentlicher Bestandteil unserer Wahrnehmung.
Das Gehör braucht länger als das Auge, um die Signale von außen aufzunehmen. Die Sinnesorgane nehmen die Außenwelt in unterschiedlicher Qualität und Geschwindigkeit auf.
Um nicht davon irritiert zu sein, brauchen wir die Fantasie.
Wir setzen also Fantasie ein, um fühlen, hören, schmecken und sehen zu können.
Damit ist die Vorstellungskraft ständig beschäftigt, ohne dass wir es merken.
Bestimmt Fantasie unsere Realität?
Mithilfe der Vorstellungskraft und dem, was wir erwarten, baut sich jedes Gehirn sein persönliches Modell der Realität.
Alle kennen das Phänomen der unterschiedlichen Zeugenaussagen bei ein und demselben Geschehen.
Das Gehirn interpretiert, füllt die Lücken, erweitert, ignoriert. Wir konstruieren also, wie alles aussieht.
Kann es dann nicht auch umgekehrt sein? Wir negieren etwas, weil wir es nicht erwarten?
Was, wenn es sie doch gibt – die Zwerge, Feen, Faune, Elfen, die herumwandernden Seelen?
Was, wenn wir nur gelernt haben, dass es sie nicht gibt, weil man uns sagte „des moinsch du bloß“?
Was, wenn unsere Fantasie nicht reicht, um sie wahrzunehmen, weil man uns lange genug erzählt hat, es gäbe sie nicht?
In früheren Zeiten mussten die Menschen all diese Wesen gesehen haben. Sogar Luther hat den Teufel noch gesehen, denn er hat ein Tintenfass nach ihm geworfen.
In den heimatlosen Zeiten des wissenschaftlichen Materialismus hat sich ein riesiges Literatur-Genre namens Fantasy herausgebildet.
Wie die Märchen bilden sie unser Leben und unsere Sehnsüchte und Ängste ab. Dadurch werden sie in einem anderen Sinn „wahr“.
Mit der Fantasy-Autorin Mairi Carlsson sprach ich über all die Dinge.
Glaubt sie an Geister? Hat sie selbst schon übersinnliche Erfahrungen gemacht? Was hält eine Fantasy-Autorin vom Tod und der Welt zwischen den Welten?
Hier gehts zum Interview: