WORTE WIRKEN: Kreuz, Gewalt und Eros
Yvonne ist Prostituierte.
Später wird sie Malerin
Im Alter von fast fünfzig Jahren zieht sie während sie malt, Bilanz aus ihrem Leben.
Folgendes sind Textpassagen aus meinem Roman Wiederfinden.
Mehr zu „Yvonnes Bildern“ ganz unten. Leider können die Werke aus Kostengründen im Buch nicht abgedruckt werden. Deshalb hier ein kleiner Einblick.
Wiederfinden:
Sie ist sechzehn und endlich frei. Gerade hat sie sich im Nachbardorf ein möbliertes Zimmer gemietet und muss nur noch ein einziges Mal zurück ins Jugendheim, um ihrer Entlassung beizuwohnen und ihre Habseligkeiten entgegenzunehmen.
Fräulein Schneider wird unterschreiben, sie wird dort auf sie warten, weil sie in der Nähe wohnt. Yvonne geht zu Fuß, es sind sieben Kilometer.
Der Septemberabend ist lau und auf den Feldern rechts und links wurden die Stoppeln bereits untergepflügt. Da hält ein großer, alter, sehr staubiger Mercedes neben ihr.
»Kannst ein Stück mitfahren, wenn du willst. Wo solls denn hingehen?«
»Ich muss bloß zum Jugendheim rüber, wenn Sie noch Platz haben?«
Sie steigt ein und wird sich auf ewig fragen, warum ihr feiner Riecher für Gefahr in diesem Moment nicht funktioniert hat. (…)
(…) Dies ist der Augenblick, von dem das Bild des Mädchens erzählt, welches Yvonne jetzt im Alter von achtundvierzig Jahren malt.
Nicht die äußere Schicht ihres damaligen Hasses und ihres Selbstschutzes will sie erfassen,
sondern das innere Wesen, das sie war, schon geläutert durch Leid, aber noch immer ungebrochen.
Sie tupft auf schwarzem Hintergrund ein Mädchen voller Trauer und gleichzeitig mit Offenheit und Neugier auf das Leben.
Gerade schickt sie sich an, das große Abenteuerbuch Zukunft zu öffnen, auch wenn das, was hinter ihr liegt, noch lange nicht verdaut ist.
Die schönen Lippen und die großen Augen spiegeln die Sinnlichkeit, die in ihr angelegt ist, aber auch eine riesige Sehnsucht nach Liebe.
Um ihre Stirn trägt sie einen Rosenkranz. Eine Dornenkrone? Oder das ganze blühende Leben, das sich dieses Mädchen erhofft? Ist in einer Rosenkrone nicht beides enthalten?
Yvonne hat ein untergründiges Gefühl, als müsse sie sich beim Malen beeilen.
Warum nur?
Muss sie schnell sein, weil der hoffnungsfrohe Zustand, in dem sich dieses aufblühende Mädchen gerade befindet, nur kurze Zeit dauern wird?
Es bleibt nur eine kleine Spanne zwischen keimender Hoffnung und fast völliger Zerstörung. Diesen Moment muss sie verewigen, er war so kurz.
Als sie am nächsten Tag mit dem Bild fertig ist, wäscht sie die Pinsel aus und macht einen langen Spaziergang. Auf ihrem Weg betritt sie eine Dorfkapelle und betrachtet den Gekreuzigten.
Lange fixiert sie sein leidendes Gesicht. Dann sagt sie laut auf Deutsch, denn obwohl er in Frankreich hängt, muss er schließlich auch Deutsch verstehen:
»Was zum Teufel hast du seinerzeit drei Tage lang in der Hölle gemacht, nachdem du tot warst? Den Toten die Sünden vergeben? Wer’s glaubt! Das hättest du auch vom Himmel aus machen können.«
Die Bilder, die mich zu Yvonne inspiriert haben, hat die Künstlerin Irina Wolff geschaffen.
Ach, damit ichs nicht vergesse:
am 31. August 2023 erscheint Wiederfinden. mein neuer Roman
Herzlichst Lea Söhner
Übrigens:
Das Buch wird in den Online-Portalen aller Buchhandlungen im deutschsprachigen Raum zu kaufen sein.
Wenn es über den Buchhandel verkauft wird, erhalte ich 1,11 Euro pro Buch.
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