
Wenn letzte Wünsche baden gehen
Die Asche meiner Schwiegermutter haben wir im Urner See versenkt.
Das war gar nicht so einfach.
Mit einem Paddelboot wollten wir hinausfahren und eine kleine Zeremonie machen, dann die Urne dem Wasser übergeben.
Das erste Problem: Es gibt dort wegen der gefährlichen Fallwinde keine Paddelboote.
Deshalb mussten wir das Ding vom Ufer aus zu Wasser lassen.
Gesagt, getan, doch dann:
Die Urne sank nicht, sondern schwamm!
Ich versuchte, sie aus den unruhigen Wellen zurückzuholen, denn eine schwimmende Urne am anderen Seeufer hätte peinlich werden können, zumal sie ein Namensschildchen trug.
Dabei fiel ich ums Haar ins eiskalte Wasser.
Mein Mann hielt mich sodann am Anorak fest, so konnte ich weit nach draußen langen und bekam die Urne zu fassen.
Dann schraubte mein Mann das Schildchen ab und wir legten sie wieder in die Wellen.
Siehe da: durch die nunmehr vorhandenen Löchlein trat Wasser ein und das Tongefäß kreiselte nach und nach Richtung Seegrund.
Da meinte ich, vom Himmel her Irmgards glockenhelles Lachen zu hören.
Asche, Ämter, Aktentaschen
Das alles ging soweit legal vor sich, denn Irmgard ist in der Schweiz gestorben.
In der Schweiz gehört die Asche den Hinterbliebenen.
In Deutschland gehört sie dem Staat.
Während früher – als die Deutschen noch Geld hatten – sie dieses in die Schweiz schafften, um es vor staatlichen Zugriffen zu schützen, machen sie es heute mit der Asche.
Bestattungsfirmen arbeiten mit Schweizer Unternehmen zusammen, die die Urne in unser südliches Nachbarland bringen.
Wenn also jemand sagt, er habe seine Asche in die Schweiz geschafft, ist das durchaus zweideutig. Es könnte sich auch um den Opa handeln.
Allerdings verbleibt die Asche meistens nicht in der Schweiz, sondern wird hinter der Grenze legal übergeben und wandert dann illegal in der Aktentasche oder einem anderen diskreten Behältnis der Hinterbliebenen umgehend zurück nach Deutschland.
Dort hat man sie dann frei zur Verfügung.
Man kann die Urne aber auch in der Schweiz bestatten. Im Wallis zum Beispiel, liegen bereits einige hundert Bestattungsrechtsflüchtlinge.
Allerdings wird gemunkelt, die SVP, eine eher dem rechten Spektrum zugeordnete Partei, wolle das Referendum ergreifen wegen Überfremdung des Waldbodens durch ausländische Ascheasylanten.
Es gibt auch ein Unternehmen, welches deutsche Asche auf der Schweizer Seite in den Bodensee streut. Auf deutscher Seite ist das natürlich verboten.
Wer in Deutschland stirbt, mag in Frieden ruhen – aber nur dort, wo die Behörden es genehmigen.
Herzlich
Ihre Lea Söhner
Der November mit seinen grauen Tagen ist dazu geeignet, um über das Leben und den Tod zu schmunzeln.
Unbedingt ernst nehmen, sollten Sie aber die Unvergesslichen Worte des deutschen Bestattungswesens:
Leichenüberwachungsbehörde
Sargpflicht
Urnenversiegelungsprotokoll
Sargmaterialienprüfbescheid
Leichenüberführungsgenehmigungsantrag
Totenruhestandortregulierung
Grabtiefenmessungsrichtlinie
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