Bach, Haydn und eine verstörende Headline

Ein einziges Wort kann den ganzen Tag aus dem Takt bringen.

Friedensangst war so eines. Eine Börsenzeitung betitelte damit den Kursrückgang –  weil in der Ukraine Frieden „drohe“!

Über dieses Wort wollte ich schreiben, doch es war mir zu verstörend, geradezu pervers.

Weil mir nichts einfiel, hörte ich Musik.

Nicht um Krieg, sondern um Frieden flehten die Menschen zu allen Zeiten Gott an – in der Kunst, in der Literatur oder in der Musik.

Nicht zufällig gehören die Vertonungen der Messliturgie zu den bedeutendsten musikalischen Gattungen.

Am Ende jeder Messe steht:

Gib uns Frieden – Dona nobis pacem

Werden wir nicht langsam müde, um Frieden auf Erden zu bitten?
Sollten wir eher nach dem inneren, dem göttlichen Frieden suchen?

Dass dieser Zwiespalt uralt ist, spiegeln zwei unterschiedliche Vertonungen des Dona nobis pacem.  (ganz unten die links zur Musik)

Bach – der Blick zum Ewigen

Am Ende der H‑moll‑Messe entfaltet Bach die Friedensbitte in weiten, ruhigen Linien.

Die Musik hebt sich vom Irdischen ab, als öffne sich langsam der Himmel. Zum gewaltigen Schluss hin veredeln die Trompeten den Klang.

Was bedeuten Trompeten bei Bach?

In meiner Heimatkirche in Schwaigern steht der Barbara‑Altar von Jürg Ratgeb. (Bild) Er malte den Himmel mit reinem Blattgold: Der wertvolle Himmel.

Ein Bild eines Friedens, der größer ist, als wir selbst.

Bachs Trompeten sind die akustische Entsprechung dieses Goldes.
Sie verleihen der Bitte ein strahlendes, himmlisches Licht – ein Glanz, der nicht von dieser Welt ist.

Haydn – der Blick auf die Welt

Ganz anders Haydn in der Missa in tempore belli, Messe in kriegerischen Zeiten.

Napoleons Krieg bedrohte das Land, und Haydn zeichnet dieses Heranrücken der Gefahr mit Pauken, Fanfaren und scharfen Trompetenstößen: irdisch, bedrängend, beunruhigend.

Die Bitte „Erbarme dich unser“ wird hier zur konkreten Klage: Bitte Gott, verschone uns vor Zerstörung und Tod.

Das Dona nobis pacem singt der Chor zuerst zögerlich, fast schamhaft, als wäre es – wie heute – verpönt, offen für den Frieden zu sein.

Doch dann wächst der Klang.

Der Chor findet Mut und ruft noch einmal kraftvoll nach Frieden, bis die Musik in einen versöhnlichen Schluss – zum Frieden – führt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein besinnliches Novemberwochenende.

Ihre Lea Söhner

Die unvergesslichen Wörter

Die heutigen „Unvergesslichen Wörter“ scheinen in unseren kriegerischen Zeiten unterzugehen, doch wir brauchen sie dringend.

Hinhören
weil Frieden ohne diesen Schritt nicht möglich ist.

Atempause
kein Friede, aber ein erster Raum zum Nicht‑Weiterkämpfen.

Abrüstung
eines der härtesten, ehrlichsten Friedenswörter überhaupt.

Annäherung
kein Zustandswort; es beschreibt Mühe, Mut und Risiko.

Umkehr
spirituell wie politisch: es verlangt Einsicht und Veränderung.

Zurückhaltung
ein unterschätztes Friedenswort, sehr modern: das Gegenteil von Eskalation.

Friedenswille
das Wort benennt nicht den Frieden selbst, sondern die innere Entscheidung dafür.

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