WORTE WIRKEN: Good vibrations?

Die Illusion der hohen Schwingung
Ich war eine Schulversagerin.
Ohne zu kokettieren: ich hatte eine harte Zeit.
In der Grundschule war es das bloße Stillsitzen. Später wurden Mathematik und Physik zu meinen Peinigern.
Ausgerechnet ein Wort aus der Physik höre ich nun seit Jahr und Tag im esoterischen Sprachraum.
Es geht um Frequenz, dem lateinischen Wort für Häufigkeit.
Das ist ein Maß dafür, wie schnell Wiederholungen aufeinanderfolgen.
Für unsere schnelllebige Zeit gilt:
Je schneller, desto besser – egal ob es die Taktzahl eines Prozessors ist oder die Leistung eines Motors.
Auch in der Esoterik soll man in einer hohen Frequenz schwingen.
Menschen mit hoher Schwingungsfrequenz strahlten eine positive Energie aus, sagt Google.
Ein Mensch ist also gut, wenn er hoch schwingt.
Selbst die Erde hätte ihre Frequenz erhöht, heißt es an anderen Stellen.
Was ich nicht verstehe:
Ein zufriedener, glücklicher Mensch bedient sich niedriger Frequenzen.
Er genießt sein Essen und denkt langsamer. Es finden sich Ruhe, Stille und Gelassenheit, um dann wieder aktiv die Dinge zu tun, die nötig sind.
Auch in der Natur:
Die hohe Schwingung einer Wespe macht uns nervös und wir empfinden das Schnurren einer Katze in einer tieferen Frequenz als angenehmer.
Wenn wir Angst haben, schlägt unser Herz in einem schnelleren Rhythmus. Nervöse Menschen vibrieren regelrecht.
Genauso wie der Fluss des Lebens kein reißender Bach ist, genauso wenig kommen Menschen mit andauerndem Stress und Hektik zurecht.
Etwas stimmt am Konzept hohen Schwingung in der Spiritualität.
Ich war eine Schulversagerin.
Ohne zu kokettieren: ich hatte eine harte Zeit.
In der Grundschule war es das bloße Stillsitzen. Später wurden Mathematik und Physik zu meinen Peinigern.
Ausgerechnet ein Wort aus der Physik höre ich nun seit Jahr und Tag im esoterischen Sprachraum.
Es geht um Frequenz, dem lateinischen Wort für Häufigkeit.
Frequenz ist ein Begriff aus dem Physischen.
Der Geist schwingt nicht. Auch die Seele schwingt nicht.
Die Seele, ich nenne sie hier das Ich, ist das einzig Ruhende, was jemals existiert hat und jemals existieren wird.
Alle Gedanken, Ideen, alle Wahrnehmung, Tätigkeiten – alles schwingt um diesen ruhenden, beobachtenden Punkt namens Ich herum.
Das Ich ist einzigartig, so wie alles in diesem Universum.
Brauchen wir eine höhere Schwingung?
Ist es nicht vielmehr der individuelle Rhythmus, welcher uns mit der Schöpfung tanzen lässt?
Sollten wir nicht wieder lernen, zu unserer jeweils eigenen Schwingung zurückzufinden?
Denn ist nicht die eigene und situativ stimmige Frequenz diejenige, auf der die Melodie des Lebens anfängt, gut zu klingen?
Warum dann dieser Spruch von der höheren Schwingung?
Ich behaupte frech, dass auch der Milliardenmarkt der Esoterikbranche unterwandert ist wie alles andere.
Man könnte viel spekulieren. Worte wirken auch im Unbewussten.
Schön wäre es allerdings, man würde nicht schon Sechsjährige in eine Holzbank zwingen.
Wer weiß, was aus mir geworden wäre, wenn man mir meine individuelle Frequenz gelassen hätte.
Nicht auszudenken!
Entfalten Sie wenigstens am morgigen Sonntag ihre ganz eigene Schwingung!
Es grüßt sie aus dem inzwischen herbstlichen Argentinien
Ihre Lea Söhner
Neues von der Romanautorin:
Die Frequenz meiner Neuerscheinungen wird sich künftig enorm erhöhen!
Im Mai erscheint das „Titel darf noch nicht genannt werden„.
Dann wird halbjährlich ein weiterer Generationenroman erscheinen.
Alle sind schon vorproduziert, alle haben um die 400 Seiten. Ich bin eine fleißige Schwäbin, aber das Schreiben selbst verlangt eine sehr niedrige Schwingung.

Diese treffend formulierte Reflexion hat mich angesprochen, weil es mir in der Schule und später auch im Berufsleben ähnlich erging. Seit meiner Pensionierung nähere ich mich wieder der eigenen Frequenz, was einem hilft ruhiger und gelassener zu werden. Übrigens zum ruhenden Punkt names Ich gibt es in interessantes Video: https://www.youtube.com/watch?v=_MpoAaMifGM
Herzliche Grüsse
aus dem tief verschneiten Saas-Fee
Fritz Löffel
Hallo Lea,
spannende Ansatz mit der Schwingung.
Ich denke jedoch, dass alles schwingt, was lebt.
Ohne Schwingung, keine Musik, keine Töne.
Harmonie, Friede, Ausgeglichenheit ist auch eine Frage der Resonanz, die Antwort auf die Schwingung. Gleichklang, Seelenverwandtschaft, „wenn die Chemie“ stimmt. Je größer das Frequenzspektrum eines Menschen, desto höher die Fähigkeit der Wahrnehmung als Grundlage für Verständnis und Toleranz.
Dir ein beschwingtes WE!
Lieber Andreas,
danke für deinen Kommentar. Das stimmt natürlich. Doch sollte nicht alles was lebt, auch die je eigene Frequenz finden? Der Anspruch, man solle in möglichst hohen Frequenzen schwingen, halte ich für falsch.
LG von Lea
Hallo Lea,
„Rhythmus, dass jeder mit muss“ sang Udo Lindenberg in den 1970er-Jahren. Und Ü60er kennen das Phänomen der beschwingt-beschwingenden Beats aus den damals so genannten Discos. Bestimmte Titel und Töne versetzten uns zuverlässig in Extase. Und tun es heute noch!
Ein beschwingtes Wochenende, Karin
Liebe Lea,
für mich bedeutet hohe Schwingung, weniger in der Materie verhaftet zu sein. Je tiefer die Schwingung, desto fester steckt man. Nicht unbedingt mit dem Körper oder der Seele – was immer man darunter versteht – aber doch mit dem Bewusstsein. (Die Wespe nimmt sich selbst wahrscheinlich nicht als aggressiv oder hektisch wahr, es ist einfach ihr Zustand. Oder die flinke Maus im Vergleich zur gemütlichen Schildkröte.) Man könnte vielleicht auch sagen, je bewusster ich mich selbst wahrnehme – oder Dinge wahrnehme, die mir meine normalen physischen Sinne nicht verraten können –, desto höher schwinge ich.
Umbiegen kann man leider jeden Begriff und daraus dann ein Geschäft machen. Aber ändert eine Worthülse etwas an der Bedeutung, solange ich mir derer bewusst bin?
Liebe Grüße
Mairi
St.Michael in Altenstadt- an der geliebten Sprachgrenze zwischen oberbayrischen und schwäbischen Sprachregionen:
Der frühe sonnige Samstagnachmittag im Frühsommer lässt den durch die Restaurierung wieder steinsichtigen hochmittelalterlichen Kirchenraum wundervoll warm erstrahlen. Die querschifflose Basilika ist ein besonderes romanisches Raumkunstwerk im süddeutschen Raum, da einstmals politisch vergessen nie angepasst worden an neue Moden.
Durch die hohen Fenster der Apsis werden die kontrastierend bunten Trainingsanzüge dreier junger Frauen und eines nur etwas älteren Manns im Altarraum bühnenartig beleuchtet. Sind es wohl interessierte Besucher der oberitalienisch anmutenden Kirche, die in den urmenschlichen Maßverhältnissen 1:1 und 1:2 erbaut ist?
Sie gruppieren sich gerade um den geometrischen Brennpunkt der Apsiskuppel.
Die männliche Stimme stimmt einen Gesang an in Richtung Kuppelschale, die weibliche Sopran- und die beiden Altstimmen schwingen sich nacheinander in den reflektierenden Raumklang ein.
Alle anderen Besucher in der Kirche nehmen sofort Platz in den Kirchenbänken, als ob wir den Klangraum nicht verstellen wollten…
Die vielfältige Harmonik der marianisch ukrainisch orthodoxen Lithurgie verbindet sich mit den Proportionen des romanischen Kirchenbaus zu unvergessener Transzendenz. Das sogenannte gebundene System der Pfeilerachsen und Überwölbungen findet Resonanz im improvisierend wirkenden Einsingen des Vokalensembles aus Odessa für das abendliche Konzert- kein konzertantes barockes Streiten sondern natürlich atmendes Schwingen lassen.
Urmenschliches Panta Rhei im Pfaffenwinkel- mitten in Europa-.
Warme Grüße aus fröstelndem Oberbayern ins herbschtelnde Argentinien!